Mo., 29.09.2025 , 17:56 Uhr

Stadt Bayreuth

Diskussionen um Bebauungsplanverfahren in Bayreuth: Zwei CSU-Stadtratsmitglieder legen ihre Ämter nieder

Rücktritt von Alt-Oberbürgermeister Michael Hohl und Christian Wedlich

Im Juli fand im Bayreuther Stadtrat eine Abstimmung zu einem Bebauungsplanverfahren im Bayreuther Stadtteil Wolfsbach statt. Dort soll ein Wohngebiet für 20 Einzel- und Mehrfamilienhäuser entstehen. Mit beteiligt an dem Projekt ist das Unternehmen für Grundstücksentwicklung HOWE, der beiden Stadträte Michael Hohl und Christian Wedlich. Da die beiden CSU Stadträte direkt in das Projekt involviert und somit befangen sind, hätten sie nicht mit abstimmen dürfen.

Kritik an Bayreuther Oberbürgermeister Ebersberger

Die Diskussion zieht weite Kreise. In Bayreuth ist inzwischen von einer „Amigo-Affäre“ die Rede. Auch Bayreuther Oberbürgermeister Thomas Ebersberger steht in der Kritik. Es stellt sich die Frage, weshalb Hohl und Wedlich überhaupt über das Bebauungsplanverfahren abstimmen durften. Thomas Ebersberger entschuldigt sich öffentlich.

„Akt grober Illoyalität“

In einer Pressemitteilung distanziert sich die CSU-Stadtratsfraktion von den beiden Stadträten und legt ihnen nahe, weitere Ämter abzulegen. Zu unserem Redaktionsschluss stand ein offizielles Statement von Michael Hohl und Christian Wedlich noch aus. Inzwischen haben wir ein schriftliches Statement der beiden bekommen.

 

Schriftliches Statement von Michael Hohl und Christian Wedlich 

Persönliche Erklärung

Die Geschehnisse der letzten Tage rund um das Bebauungsplanverfahren Wolfsbach Hirschbaumstraße veranlassen uns zu dieser Stellungnahme.
Folgendes vorab:

1. Wir hatte und habe keinerlei wirtschaftlichen Vorteil durch unser Engagement in dieser Sache.
2. Ziel unseres Tuns war es, dazu beizutragen, dass in Bayreuth dringend benötigter Wohnraum für Familien entstehen kann.
3. Dass wir unser Engagement nicht vor dem Stadtratsbeschluss explizit kommuniziert haben, war ein Fehler. Dafür entschuldigen wir uns aufrichtig und ausdrücklich. Wir übernehmen hierfür die Verantwortung und haben bereits die entsprechende Konsequenzen gezogen.
4. Zu der von Michael Hohl im Vorfeld durchgeführten juristischen Prüfung dürfen wir erläutern, dass wir aufgrund von Kommentarstellen und Urteilen zu ähnlich gelagerten Fällen (u.a. des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs) zu der Einschätzung gekommen sind, dass wir bei dem Aufstellungsbeschluss im Stadtrat stimmberechtigt waren.
5. Unser Vorgehen war gegenüber der Verwaltung stets transparent. Wir hätten auch gegenüber dem Stadtrat transparent handeln sollen.

Wir hoffen, dass wir mit dieser persönlichen Erklärung einen Beitrag zur besseren Einordnung des Vorgangs leisten können.

In der Stadtratssitzung vom 23.07. haben wir für die Einleitung eines Bebauungsplanverfahrens zur Arrondierung des Wohngebietes Wolfsbach Hirschbaumstraße gestimmt. Wir haben in dieser Sache den Eigentümer unterstützt und sind für ihn offen beim Stadtplanungsamt aufgetreten. Wichtig ist: Irgendwelche Rechte an der Fläche, um die es geht, hatten und haben wir nicht.

Mit dem Bebauungsplanverfahren soll ein neues Wohngebiet mit Einfamilien- und Doppelhäusern entwickelt werden, das dringend benötigen Wohnraum für junge Familien und Mehrgenerationen-Wohnen schafft. Die dafür benötigte Fläche ist im geltenden Flächennutzungsplan der Stadt Bayreuth jetzt schon als Wohnfläche vorgesehen. Die Warteliste der Stadt für Wohngrundstücke enthält mehrere hundert Anfragen. Das Bebauungsplanverfahren ist mehrstufig gestaltet, zieht sich über etwa ein Jahr und eröffnet eine umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung des Vorhabens. Üblicherweise beinhaltet es mindestens drei Behandlungen im Stadtrat. Unser Anliegen war es, diese Prüfung für Wolfsbach zu eröffnen.

Der zustimmende Stadtratsbeschluss erging mit drei Stimmen Mehrheit und ist damit unabhängig von der Frage, ob wir zwei abstimmen durften oder nicht, wirksam. Dr. Hohl hat unser Stimmrecht vorher rechtlich geprüft und ist aufgrund der einschlägigen Kommentarstellen zu der Erkenntnis gekommen, dass wir stimmberechtigt sind, denn es gab und gibt für uns keinen unmittelbaren Vorteil aus dem Aufstellungsbeschluss.

Rechtlicher Hintergrund

Ein Vorteil ist nur „unmittelbar“, wenn er aus dem Beschluss selbst adäquat-kausal folgt. Der Aufstellungsbeschluss schafft noch kein Baurecht, sondern leitet nur das Verfahren ein. Der geltende Flächennutzungsplan weist die Fläche ohnehin schon als Wohnbaufläche aus. Hier ist kein unmittelbarer Sondervorteil ersichtlich, der für einen Stimmrechtsausschluss anzunehmen wäre (BayVGH, Beschl. v. 14.05.2019 – 4 ZB 18.1065; Meder/Breier, BayGO Art. 49 Rn. 7). Das Rechtsamt der Stadt ist zu einer anderen juristischen Bewertung gekommen. Tatsache ist, dass wir durch den Einleitungsbeschluss keinen wie auch immer gearteten Vermögensvorteil erlangt haben.

Unser Engagement

Die Kritik an unserem Verhalten macht sich hauptsächlich daran fest, dass wir unser Engagement für den Eigentümer nicht im Stadtrat offengelegt haben. Dazu können wir sagen, dass wir als engagierte Stadträte in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von Bürgerinnen und Bürgern beraten und Ihnen bei persönlichen Sorgen und Nöten weitergeholfen haben. Eine solche Tätigkeit wird üblicherweise im Gremium nicht offengelegt und muss auch nicht offengelegt werden. Die Grenze ist immer die einer persönlichen Vorteilsnahme, die es in diesem Fall nicht gab. Rückblickend wissen wir, dass es trotzdem besser und richtig gewesen wäre, frühzeitig offen und klar zu informieren und zu kommunizieren. Für dieses Versäumnis bitten wir aufrichtig um Entschuldigung.

Die Besonderheit in unserem Fall ist die sog. Grundzustimmungserklärung, ein Standardformular der Stadt Bayreuth, das ich, Michael Hohl, am 23.04.2025 für die HOWE GmbH ausgefüllt und unterzeichnet habe. Dabei ist mir leider ein bedauerlicher Fehler unterlaufen. Zum Hintergrund: Die HOWE GmbH ist eine Projektentwicklungsgesellschaft, die ich gemeinsam mit Christian Wedlich habe. Sie befasst sich mit mehreren Flächenentwicklungen außerhalb der Stadt Bayreuth. Die HOWE wurde im Dezember 2023 errichtet, zur Realisierung eines Projekts im Landkreis Kulmbach. Die Vorbereitungen zur Gründung des Unternehmens gehen rund vier Jahre zurück. Die Grundzustimmungserklärung für Wolfsbach beinhaltet die Absichtserklärung, ein Wohnbauvorhaben umzusetzen, Planungskosten zu übernehmen, usw. Für einen unbefangenen Dritten erweckt die Erklärung den Anschein, unsere Gesellschaft würde die Grundstücksentwicklung selbst betreiben. Korrekt ist: Wir hatten und haben dazu weder einen Vertrag noch eine Vollmacht. Richtigerweise hätte diese Erklärung auf den Eigentümer ausgestellt werden müssen, nicht auf unsere
Gesellschaft. Die Erklärung ist von den Vollmachten des Eigentümers nicht gedeckt und damit rechtlich nichtig. Vorsorglich habe ich sie nun ausdrücklich für die HOWE widerrufen. Der Eigentümer kann, wenn er möchte, eine auf sich lautende neue Grundzustimmungserklärung vorlegen.

Persönliche Anmerkung

Uns sei noch eine persönliche Anmerkung erlaubt. Man kann unser Vorgehen durchaus kritisieren – und das können und werden wir auch akzeptieren. Auch dass in der Politik Fehler aufgezeigt und genutzt werden ist bekannt und gehört zur Demokratie. Zur Demokratie gehört auch, dass man Konsequenzen zieht und Verantwortung übernimmt. Schwierig finden wir jedoch, wenn maßlose und undifferenzierte Hetze und Häme betrieben wird – zum Teil anonym in den sozialen Medien. Schwierig finden wir auch, wenn es Stadträte gibt, die sinngemäß sagen, sie hätten anders abgestimmt, wenn sie gewusst hätten, dass Wedlich und Hohl involviert gewesen seien. Hier stellt sich die Frage, geht es um politische Befindlichkeiten oder um Entscheidungen für unser Bayreuth?

Anmerkung Michael Hohl:

Ich bin seit 2003 in verschiedenen Funktionen in der Bayreuther Kommunalpolitik für die CSU gerne und leidenschaftlich engagiert. In diesem Fall habe ich nun den hohen Anforderungen, die an mich gestellt werden, nicht genügt. Dafür möchte ich mich bei allen davon Betroffenen in aller Form entschuldigen. Ich kann es verstehen, wenn Vertrauen verloren gegangen ist und werde mich bemühen, das zu reparieren. In einer eher offenen, freundlichen und deutlichen Abstimmung mit der Fraktion habe ich bereits den Stellvertretenden Fraktionsvorsitz zur Verfügung gestellt. Zu dem werde ich den Vorsitz im Rechnungsprüfungsausschuss des Stadtrats nieder legen.

Bayreuth, 29.09.202
gez. Dr. Michael Hohl u. Christian Wedlich

 

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