Di., 08.06.2021 , 16:52 Uhr

Untreueverdacht im Bamberger Rathaus: Über eine halbe Million Euro zu Unrecht ausbezahlt

Überstundenpauschalen & die Auszahlung von Mehrarbeit im Fokus der Ermittlungen

Wegen des Verdachts der Untreue führte die Staatsanwaltschaft Hof zusammen mit der Polizei am 20. Mai eine Razzia im Bamberger Rathaus durch. Wir berichteten! Über 40 Polizeibeamte und vier Staatsanwälte waren daran beteiligt. Hierbei wurden zahlreiche Dokumente beschlagnahmt. Die Staatsanwaltschaft Hof hatte zuvor bereits ein Ermittlungsverfahren wegen unklarer Zahlungen eingeleitet. Der Vorwurf: Die Stadt Bamberg soll Überstunden zu Unrecht abgegolten haben. Unerlaubte Bonuszahlungen sollen über Jahre an Mitarbeiter der Verwaltung gezahlt worden sein. Nun traf die Regierung von Oberfranken in dem Fall eine Entscheidung.

Über eine halbe Million Euro zu Unrecht ausbezahlt

Die Regierung teilte nach einer Prüfung mit, dass die Stadt Bamberg unter anderem gegen die Bayerische Arbeitszeitverordnung verstoßen hat. Die Stadt soll zwischen 2011 bis 2017 Mitarbeitern Überstundenpauschalen ohne rechtliche Grundlage gewährt haben. Die genaue Zeiterfassung soll nicht oder nur teilweise erfolgt sein. Laut dem Bayrischen Kommunalen Prüfungsverband (BKPV) soll so an die Mitarbeiter rund eine halbe Million Euro zu Unrecht ausbezahlt worden sein.

Überstundenpauschalen unter anderem im Fokus

Im Zentrum der Prüfung stand die tarifrechtliche Bewertung von gewährten Überstundenpauschalen sowie die Auszahlung von Mehrarbeit und Über­stunden an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt Bamberg. Im Ergebnis stellte die Regierung fest, dass die tarifrechtlichen Voraussetzungen für die ent­sprechenden Zahlungen nicht vorlagen.

Forderung der Regierung von Oberfranken

Zudem wird die Stadtverwaltung von der Regierung aufgefordert, den Umgang mit Überstunden und Mehrarbeit zu überdenken und zukünftig eine rechtskonforme Abwicklung in die Wege zu leiten. Für die Vergangenheit müsse die Stadt Bamberg prüfen, inwieweit Rückfor­derungs- und Haftungsansprüche bestehen.

Eigene Aufarbeitung der Stadtverwaltung in der Causa

Positiv hob die Regierung hervor, dass bereits während der BKPV-Prüfung im Jahr 2019 entsprechende Zahlungen durch die Stadt Bamberg eingestellt wurden und – soweit möglich – alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seit April 2021 an der elektronischen Zeiterfassung teilnehmen. Die Stadt Bamberg kam bereits in der eigenen Aufarbeitung zum Ergebnis, dass nicht in allen Fällen die tarifrechtlichen Vorgaben eingehal­ten wurden. Zwar sind laut der Behörde Überstundenpauschalen grundsätzlich ein tarifvertrag­lich zulässiges Instrument, allerdings lagen in den konkreten Fällen die beson­deren Voraussetzungen für eine Gewährung nicht vor.

Keine strafrechtlichen Bewertungen

Auch der Rechnungsprüfungsausschuss der Stadt Bamberg hatte sich in mehreren Terminen mit dem Prüfbericht befasst und dabei die Beauftragung einer Rechtsanwaltskanzlei autorisiert, um etwaige Haftungs- und Rückforderungsansprüche im Zusammenhang mit den betref­fenden Personalentscheidungen prüfen zu lassen. Die Stadt Bamberg begrüßte nun die Klarstellung der Regierung von Oberfranken, dass mit ihren Feststellungen keine strafrechtlichen Bewertungen verbunden sind. Der Bericht der Regierung von Oberfranken sowie das Ergebnis der an­waltlichen Prüfung sollen nun zeitnah dem Rechnungsprüfungsausschuss zur weiteren Beratung vorgelegt.

Maßnahmen der Stadtverwaltung Bamberg

Die Stadt Bamberg hat bereits während des Prüfungsverfahrens sowie in der Folge mehrere Maßnahmen eingeleitet:

  1. Die beanstandeten Überstundenpauschalen wurden zwischenzeitlich eingestellt.
  2. Es wurde sichergestellt, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt Bamberg an der elektronischen Zeiterfassung teilnehmen, sofern dies technisch möglich ist. Die bisherigen Ausnahmen von der Zeiter­fassung waren ohnehin gering.
  3. Die Auszahlung von Leistungsprämien wurde ausgesetzt. Ob und in welcher Form künftig Leistungsprämien gezahlt werden, soll mit der Personalvertretung und dem Personalsenat beraten werden.
  4. Eine Fachanwaltskanzlei wurde schon beauftragt, etwaige Haftungs- und Rückforderungs­ansprüche zu prüfen.
  5. Der Stadtrat hat die Einrichtung einer Zielfindungskommission aus Mitgliedern des Stadtrates beschlossen und gebildet, mit der Aufgabe, die Personalentwicklung unter der Berücksichtigung der Vorgaben der Regierung von Oberfranken zu ge­stalten.
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