Bereits am 2. April wurden nach umfangreichen Ermittlungen im Rahmen einer Aktion von Strafverfolgungsbehörden aus Deutschland, Österreich, Serbien und Bulgarien gegen zwei Tätergruppierungen neun Haftbefehle vollzogen. Die Verdächtigen sollen in den vergangenen Jahren tausende Anleger aus ganz Europa um mehr als 100 Millionen Euro betrogen haben. Beim sogenannten „Action Day“ wurden unter anderem in Serbien fünf und in Bulgarien vier Tatverdächtige festgenommen, Objekte durchsucht und knapp 2,5 Millionen Euro beschlagnahmt.
Cybercrime-Abteilung der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg bei der Operation beteiligt
Auf deutscher Seite werden die Ermittlungen von der bei der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg errichteten Zentralstelle Cybercrime Bayern geleitet. Bereits in der vergangenen Woche wurden zeitgleich in Bulgarien (Sofia) und Serbien (Belgrad) insgesamt sieben Männer und zwei Frauen im Alter zwischen 25 und 49 Jahren festgenommen. Für sämtliche Personen wurden im Vorfeld wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs Haftbefehle erwirkt. Aufgrund der deutschen Fahndungsmaßnahmen erfolgten jetzt die Festnahmen. Unter den Festgenommenen befindet sich auch ein 36-jähriger Deutscher.
Umfangreiches Beweismittel sichergestellt
Bei der Durchsuchung von mehr als zehn Objekten in Serbien und Bulgarien, darunter in zwei Call-Centern, wurde umfangreiches Beweismaterial sichergestellt. In Serbien wurden Wohnungen und Autos beschlagnahmt. In Deutschland gelang es, auf einem zentralen Konto ein Betrag von knapp 2,5 Millionen Euro zu sichern. Mehrere zuletzt aktiv betriebene Plattformen im Internet wurden abgeschaltet.
So wurden Privatanleger abgezockt
Der „Action Day“ richtete sich gegen zwei Tätergruppierungen, die in den vergangenen Jahren nach dem gleichen Modus im großen Stil europaweit gravierende Vermögensschäden bei Privatanlegern über Cybertrading-Plattformen, die unter verschiedenen Domains betrieben werden, verursacht haben. Der Tatablauf gestaltet sich immer gleich. Die Täter spiegelten den potenziellen Kunden vor, digitale Plattformen für den Handel mit unterschiedlichsten Finanzinstrumenten zur Verfügung zu stellen. Der Anleger eröffnete daraufhin auf der Webseite des Anbieters ein Handelskonto, wofür in der Regel ein Geldbetrag von etwa 250 – 300 Euro aufzubringen war. Im Folgenden wurden die Kunden von speziell geschulten Brokern oder Agenten über Telefon, Messenger-Dienste oder Mail davon überzeugt, größere Summen in den Handel mit den Finanzinstrumenten (z.B. Kryptowährungen) zu investieren. Die Zahlungen erfolgen in der Regel mittels Kreditkarte oder Banküberweisung. Die Einzahlungskonten wurden von Scheinfirmen oder Finanzagenten zur Verfügung gestellt. Das Geld wurde über ein komplexes, europaweit installiertes Geldwäschenetzwerk dann verteilt. Die Tätergruppierungen betrieben im Ausland Call-Center, in denen jeweils dutzende Personen mit den notwendigen Fremdsprachen-Kenntnissen unter Alias-Namen betrügerisch agieren.
Tausende Anleger in Deutschland betroffen
Eine Investition sowie ein Vorhalten von Anlegergeldern zur Rückzahlung beziehungsweise zur Gewinnausschüttung fanden in Wahrheit nicht statt. Die eingezahlten Gelder wurden zu keinem Zeitpunkt einer Kapitalanlage zugeführt. Insbesondere zu Beginn der Geschäftsbeziehung wurden den Anlegern regelmäßig durch simulierte Charts beträchtliche Gewinne wahrheitswidrig vorgespiegelt, verbunden mit der Forderung nach weiteren Investments. Tatsächlich wurden die präsentierten Charts mittels Software beliebig manipuliert. Forderte der Anleger die Auszahlung seines Geldes und des Gewinns, wurden diese – Kleinbeträge ausgenommen – aufgrund von Ausflüchten verweigert. In einer Vielzahl von Fällen kam es nach einzelnen missglückten (angeblichen) Trades zu einem Totalverlust des eingesetzten Kapitals.
Betroffen sind allein in Deutschland mehrere tausend Anleger. In zahlreichen anderen europäischen Ländern finden sich unzählige weitere Geschädigte, so die beteiligten Behörden.
Mehrere Plattformen abgeschaltet
Die mutmaßlichen Täter betrieben in den vergangenen drei Jahren unter anderem folgende Plattformen:
Allein bei der Zentralstelle Cybercrime Bayern in Bamberg sind hunderte Anzeigen von Geschädigten dieser Plattformen anhängig. Der allein angezeigte Gesamtschaden beträgt rund 10 Millionen Euro. Bei den Festgenommenen handelt es sich um Call-Center-Agents, die bei deutschsprachigen Geschädigten besonders erfolgreich waren und zum Teil als „Top Broker“ für Schäden im Millionenbereich verantwortlich sind.